Gelenkknorpelverletzung

Krankheitsbild

Verletzungen des hyalinen Gelenkknorpels sind multifaktoriell und können nicht geheilt, sondern lediglich verzögert werden. Der Gelenkknorpel unterliegt ab der Geburt einem lebenslangen Abnutzungsprozess. Dieser wird zusätzlich beschleunigt durch Überlastung, Fehlbelastung bei veränderter Beinachse, akute Verletzungen, Stoffwechsel- oder Durchblutungsstörungen und den natürlichen Alterungsprozess.

Egal, ob durch Abnutzung oder durch eine akute Verletzung, je nach Befund am Mensikus werden folgende Stadien eingeteilt:

  • weicher Knorpel ohne oberflächliche Einrisse (Chondromalazie I°);
  • Fibrillierung der Knorpeloberfläche ohne tiefe Einrisse (Chondromalazie II°);
  • tiefer Knorpelschaden, der jedoch nicht bis zum Knochen reicht (Chondromalazie III°);
  • tiefer Knorpelschaden mit instabilen Knorpelrändern und bis zum Knochen reichendem vollschichtigem Schaden (Chondromalazie IV°).
    Dieser stellt sich als ausgestanzter Knorpeldefekt mit stabilen, hohen Rändern (kraterartiger Defekt) dar und muss von dem Grad IV° Schaden mit abgeschliffenen, flach bis zum Knochen zulaufenden Knorpelrändern unterschieden werden.

Knorpelschäden entwickeln sich letztendlich zur manifesten Arthrose. Dass kann durch minimal-invasive Therapien verlangsamt, jedoch nicht immer komplett verhindert werden.

Symptome

Intakter Knorpel hat keine Nervenendigungen und kann deshalb keine Schmerzen verursachen. Schmerzen (Belastungs-, Dauerschmerz), Schwellungen, Bewegungseinschränkungen, Blockaden und reduzierte Belastbarkeit sind jedoch Kardinalsymptome des Knorpelschadens. Schmerz entsteht durch Reizung von unter dem Knorpel liegenden Nervenendigungen, Veränderungen der Durchblutungs- und Druckverhältnisse des Knochens (Knochenmarködem) oder durch Gelenkkörper und Gelenkergüsse. Durch die nachfolgende Kapselspannung werden Schmerzrezeptoren aktiviert und die Beweglichkeit eingeschränkt.

Diagnose

Die klinische Untersuchung ist die Grundlage der Diagnostik, kann aber die genaue Lokalisation und den Schweregrad des Knorpelschadens nicht genau darstellen. Röntgenbilder und Achsaufnahmen sind in der Gesamtdiagnostik zur Darstellung der Achsabweichungen (X- oder O-Bein) unerlässlich. Die Magnetresonanzuntersuchung ist jedoch mit den neuen kräftigen Magnetfeldern (3 Tesla) das Maß aller Dinge in der Knorpeldiagnostik. 

Therapie

Vielfältige Therapiemöglichkeiten sind den entsprechenden Krankheitsstadien anzupassen. Zunächst sollten alle konservativen Methoden (z. B. abschwellende Maßnahmen, Einlagen, Krankengymnastik, Hyaluronsäure-Injektionen ins Knie etc.) ausgeschöpft werden sowie eine ausführliche Beratung hinsichtlich Veränderung der Belastungen in Arbeit und Sport erfolgen. Nicht selten muss aber doch operiert werden.

„Putzen“ (Debridement):
Über einen minimal-invasiven  Zugang („Schlüssellochchirurgie“)erfolgt die Glättung der instabilen Knorpelränder und die Entfernung freier, eventuell einklemmender und eine Reizung erzeugender Knorpelareale.

Microfracture (Anbohrung):
Liegt ein bis auf den Knochen reichender Knorpelschaden (Grad IV°) vor mit stabilen „Rändern“ (Stanzdefekt) bis zu zwei Zentimeter Durchmesser vor, kann eine Microfracture erfolgen. Mit Ahlen wird die ehemalige Haftschicht des Knorpels an der Knorpel-Knochengrenze durchbrochen. Es entstehen Minifissuren und Löcher im Knochen, der Stammzellen produzierende Markraum wird dadurch eröffnet. Es treten Fettmark und Blut mit reichlich Stammzellen aus, die sich unter spezieller Nachbehandlung (Entlastung und Bewegung in der Motorschiene für sechs Wochen) zu einer Faserknorpelschicht ausbilden. Dieser Knorpel ist mechanisch besser als keine Knorpeldeckung, allerdings nicht so stabil wie gesunder hyaliner Gelenkknorpel. Mechanisch ist dadurch die Haltbarkeit begrenzt. Dennoch ist dieses Verfahren die Therapie der Wahl bei kleinen Knorpelschäden (< 2 cm Durchmesser). Der Defekt kann in einigen Fällen durch eine Membran gedeckt werden, wozu allerdings meistens mini-offene Verfahren notwendig sind. Die Microfracture erreicht alle Anteile des Gelenks.

Transfer von Knorpel-Knochenzylindern (Mosaikplastik):
Bei größeren Grad IV° Defekten kann ein Knorpel-Knochenzylinder aus einem weniger belasteten Areal des eigenen Kniegelenks gewonnen werden und in den vorbereiteten Defektbereich eingebracht werden. Die Methode wird bevorzugt bei größeren Defekten (> 2 cm Durchmesser) oder erfolgloser Microfracture. Oft arthroskopisch durchgeführt, muss diese Methode jedoch auch in einigen Fällen mini-offen erfolgen. Ungünstig dabei sind die begrenzte Entnahmemöglichkeit von Zylindern und die Schaffung neuer Defektzonen.

Knorpelzellzüchtung
Diese sehr aufwändige und kostenintensive Operationsmethode bleibt Sonderfällen vorbehalten (z. B. Schäden > 4 cm Durchmesser). Zwar wurde Mitte der 1990er Jahre diese Methode sehr euphorisch in den Medien präsentiert, dennoch ist sie nicht das Allheilmittel bei Arthrose. Die Notwendigkeit für dieses Vorgehen ist sehr eng zu stellen. Zudem erfolgt wegen der hohen Kosten zusätzlich eine Einzelfallprüfung durch die Krankenkassen.

Die Methode umfasst einen ersten arthroskopischen Eingriff zur Gewinnung von Knorpelmaterial, das an eine zertifizierte Firma weitergeleitet wird. Dort erfolgt die Vervielfältigung der Zellen auf die gewünschte Zellzahl (abhängig von der Größe des Knorpeldefekts). Nach ca. vier bis acht Wochen werden die Zellen zur Wiedereinbettung in das Knie geliefert. Je nach Lokalisation ist dies arthroskopisch oder auch mini-offen möglich.

Rehabilitation

Die Nachbehandlung nach Knorpeloperationen ist langwierig. Je nach Lokalisation des Schadens muss eine ca. 6-wöchige Entlastungsphase mit Krücken erfolgen. In dieser Zeit läuft auch die 3 x 2h/Tag dauernde Bewegungsübung auf einer elektrischen Motorschiene. In Woche sieben erfolgt die Aufbelastung an Gehstöcken auf 30 kg, mit Übergang zur Vollbelastung im 4-Punktegang in der achten Woche. Freies Gehen ist in der Regel ab der neunten Woche möglich. Erst dann sollte ein strukturierter Kraftaufbau erfolgen. Eine MRT-Kontrolle nach drei Monaten gibt das weitere Procedere vor.