Verletzung vorderes Kreuzband (VKB Verletzung)
Ein plötzlicher Richtungswechsel beim Sport, ein unglücklicher Sturz oder ein harter Aufprall auf das Knie – und plötzlich spürt man einen stechenden Schmerz, das Knie schwillt an und fühlt sich instabil an. Haben Sie solche Symptome nach einer plötzlichen Bewegung oder einem Sturz bemerkt? Dies könnte auf einen Kreuzbandriss hinweisen, eine häufige Verletzung, insbesondere bei Sportarten mit schnellen Richtungswechseln wie Fußball, Basketball oder Skifahren.

Was ist ein Kreuzbandriss?
Das vordere Kreuzband (VKB) ist eines der wichtigsten Bänder im Kniegelenk. Es stabilisiert das Knie und verhindert übermäßige Vorwärtsbewegung des Schienbeins im Vergleich zum Oberschenkelknochen sowie die Drehung des Gelenks. Ein Riss des vorderen Kreuzbandes ist eine der häufigsten und schwerwiegendsten Verletzungen des Kniegelenks, besonders bei sportlichen Aktivitäten.
Der Verletzungsmechanismus eines vorderen Kreuzbandrisses (VKB-Ruptur) tritt meist durch eine Kombination aus Drehbewegungen, plötzlichem Abbremsen oder unkontrollierten Krafteinwirkungen auf das Knie auf.
Zu den häufigsten Mechanismen gehören:
1. Indirekter Verletzungsmechanismus (ohne Gegnerkontakt) – ca. 70% der Fälle
- Pivoting Injury (Drehverletzung): Eine plötzliche Richtungsänderung mit fixiertem Fuß, während das Knie leicht gebeugt ist. Typisch im Fußball, Basketball, Handball oder Skifahren
- Hyperextension (Überstreckung): Das Knie wird über das normale Maß nach hinten gedrückt. Oft beim Landen nach einem Sprung (z. B. Volleyball, Basketball)
- Plötzliches Abbremsen (Deceleration Injury): Eine schnelle Verlangsamung der Bewegung, z. B. beim Sprinten oder Stoppen
2. Direkter Verletzungsmechanismus (mit Gegnerkontakt) – ca. 30% der Fälle
- Valgus-Stress (X-Bein-Mechanismus): Ein Schlag von außen gegen das Knie führt zu einer Überdehnung des vorderen Kreuzbands. Oft in Kontaktsportarten wie Fußball, Rugby oder American Football
- Kombination aus Rotation und Krafteinwirkung. Gegnerischer Körperkontakt zwingt das Knie in eine ungünstige Drehbewegung
Symptome einer vorderen Kreuzbandruptur
Die Symptome einer vorderen Kreuzbandruptur sind oft sehr typisch und beinhalten:
- Plötzlicher, starker Schmerz: Direkt nach der Verletzung tritt in der Regel ein intensiver Schmerz im Knie auf.
- Knieinstabilität: Betroffene berichten häufig von einem Gefühl der Instabilität im Knie, insbesondere bei Bewegungen wie Drehen oder Belasten des Beins.
- Schwellung: Das Knie schwillt oft innerhalb der ersten Stunden nach der Verletzung stark an, was auf Blutansammlungen im Gelenk hinweist.
- Hörbares Geräusch: Einige Patienten berichten von einem „Knacken“ oder „Reißen“ im Moment der Verletzung.
- Eingeschränkte Beweglichkeit: Das betroffene Knie kann in seiner Beweglichkeit stark eingeschränkt sein, insbesondere beim Beugen oder Strecken.
- Krämpfe und Muskelverspannungen: Zur Stabilisierung des Knies kann es zu Muskelverspannungen kommen, die weitere Beschwerden verursachen.
Chronische Symptome (bei unbehandeltem Riss):
- Dauerhafte Instabilität, besonders bei Belastung oder Sport
- Wiederholtes Wegknicken des Knies
- Schmerzen bei Belastung
- Muskelschwäche im Oberschenkel
- Vermehrter Gelenkverschleiß (Risiko für Meniskus- oder Knorpelschäden)
Diagnose
Die klinische Untersuchung zur Beurteilung einer vorderen Kreuzbandruptur (VKB-Ruptur) umfasst mehrere Tests, die die Stabilität des Kniegelenks überprüfen. Hier sind die wichtigsten Untersuchungsmethoden:
Klinische Untersuchung
- Schwellung des Kniegelenks (Hämarthros)
- Bewegungseinschränkung
- Ggf. Muskelatrophie des Quadrizeps bei chronischer VKB-Insuffizienz
Funktionelle Tests
Beim Lachmann-Test und dem vorderen Schubladen-Test wird eine ungewöhnlich weite Verschiebung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel geprüft.
Der Pivot-Shift-Test dient zur Ermittlung einer unkontrollierten Roll-Gleitbewegung während des Bewegungsablaufes. Die Untersuchungen erfolgen oft im Vergleich zur gesunden Gegenseite.
Zusatzuntersuchungen
- Meniskustests (z. B. McMurray-Test, Steinmann-Zeichen), da Meniskusläsionen oft mit VKB-Rupturen einhergehen.
- Untersuchung der Seitenbänder, um Begleitverletzungen auszuschließen.
Bildgebung
Röntgenuntersuchung bei vorderer Kreuzbandverletzung
Bei Verdacht auf eine Verletzung des vorderen Kreuzbands (VKB) wird häufig eine Röntgenuntersuchung durchgeführt, um knöcherne Begleitverletzungen auszuschließen. Obwohl Bänder im Röntgenbild selbst nicht direkt sichtbar sind, kann das Röntgen Hinweise auf ausgerissene Knochenfragmente oder andere Frakturen im Bereich des Kniegelenks geben. Die Röntgendiagnostik ergänzt die klinische Untersuchung und ist oft ein erster Schritt, bevor weitere bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) zum Einsatz kommen.
MRT-Untersuchung bei vorderer Kreuzbandverletzung
Bei Verdacht auf eine Verletzung des vorderen Kreuzbands (VKB) ist die Magnetresonanztomographie (MRT) ein wichtiges diagnostisches Verfahren. Die MRT ermöglicht eine detaillierte Darstellung der Weichteilstrukturen im Knie, darunter Bänder, Menisken und Knorpel. Eine VKB-Ruptur kann durch die MRT zuverlässig erkannt und hinsichtlich Ausmaß und Begleitverletzungen beurteilt werden. Die Untersuchung ist schmerzfrei, nicht-invasiv und kommt ohne Röntgenstrahlung aus
Behandlungsmöglichkeiten
Entscheidung zwischen konservativer und operativer Behandlung einer vorderen Kreuzbandverletzung
Die Wahl zwischen einer konservativen (nicht-operativen) und einer operativen Behandlung einer vorderen Kreuzbandverletzung hängt von mehreren Faktoren ab. Entscheidend sind unter anderem das Aktivitätsniveau des Patienten, das Ausmaß der Instabilität im Kniegelenk sowie individuelle Erwartungen und Lebensumstände.
Bei Patienten mit geringem sportlichem Anspruch oder niedriger körperlicher Belastung im Alltag kann eine konservative Therapie, bestehend aus Physiotherapie, Muskelaufbau und Bandagen/Schienen, ausreichen. Ziel ist es, die Stabilität des Knies durch funktionelles Training zu verbessern und eine Rückkehr zur Alltagstauglichkeit zu ermöglichen.
Eine Operation – meist in Form einer Kreuzbandplastik – wird häufig bei jungen, sportlich aktiven Personen oder bei relevanter Instabilität empfohlen, insbesondere wenn Begleitverletzungen (z. B. Meniskusläsionen) vorliegen. Der operative Eingriff soll die biomechanische Stabilität wiederherstellen und langfristige Schäden, wie eine Kniearthrose, vermeiden.
Die Entscheidung sollte individuell in Absprache mit dem behandelnden Arzt getroffen werden und die persönlichen Ziele sowie die funktionelle Situation des Patienten berücksichtigen.
Operative Technik einer vorderen Kreuzband-Operation
Die Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands erfolgt in der Regel arthroskopisch. Zunächst werden über kleine Hautschnitte eine Kamera (Arthroskop) und feine Instrumente in das Kniegelenk eingeführt. Nach der Inspektion und Vorbereitung des Gelenks wird das gerissene Band teilweise entfernt. Anschließend erfolgt die Entnahme eines Transplantats – meist eine körpereigene Sehne, z. B. die Semitendinosus- oder Patellar/Quadrizepssehne. Dieses Transplantat wird entsprechend vorbereitet und durch gebohrte Kanäle im Oberschenkel- und Schienbeinknochen (Femur und Tibia) geführt. Dort wird es mithilfe von Fixationsmaterialien wie Schrauben oder Endobuttons verankert. Abschließend wird die Beweglichkeit und Stabilität des Knies überprüft. Der Eingriff dauert etwa 40–70 Minuten und erfolgt meist minimal-invasiv.
Nachbehandlung und Rehabilitation nach einer vorderen Kreuzbandoperation
Die Nachbehandlung nach einer vorderen Kreuzbandoperation (VKB) ist entscheidend für eine vollständige Genesung und die Rückkehr zur vollen Belastbarkeit. Direkt nach der Operation steht die Schmerzreduktion, Abschwellung und Mobilisation des Knies im Vordergrund. In den ersten Tagen wird das Bein oft mit einer Orthese stabilisiert, und die Gehfähigkeit mit Unterarmgehstützen wiederhergestellt.
Bereits wenige Tage nach dem Eingriff beginnt die physiotherapeutische Rehabilitation. Sie erfolgt in mehreren Phasen: Zunächst werden Beweglichkeit und Muskelkontrolle wiederhergestellt. Anschließend liegt der Fokus auf Muskelaufbau, Koordination und Stabilität. Je nach Heilungsverlauf kann ab dem 4. bis 6. Monat ein sportartspezifisches Training beginnen. Die vollständige Rückkehr zum Sport ist meist nach 6 bis 9 Monaten möglich.
Eine konsequente Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt und den Therapeuten ist essenziell, um Komplikationen zu vermeiden und das bestmögliche funktionelle Ergebnis zu erzielen.
Erfolgsaussichten
Die Erfolgsaussichten einer Operation des vorderen Kreuzbands (VKB) sind in der Regel sehr gut. Bei fachgerechter Durchführung und konsequenter Nachbehandlung erreichen etwa 85–90 % der Patientinnen eine stabile und belastbare Kniegelenksfunktion. Ziel der Operation ist es, die natürliche Stabilität des Knies wiederherzustellen und langfristigen Schäden wie Meniskus- oder Knorpelverletzungen vorzubeugen. Die Prognose hängt jedoch auch von Faktoren wie dem Alter, dem Aktivitätsniveau und der Rehabilitationsbereitschaft der Patientinnen ab. Ein individuell abgestimmter Rehabilitationsplan ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.
Fazit
Die vordere Kreuzbandruptur ist eine schwere Knieverletzung, die sowohl die Lebensqualität als auch die sportliche Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen kann. Eine schnelle Diagnose und eine individuell abgestimmte Behandlung sind entscheidend, um eine vollständige Genesung zu ermöglichen und langfristige Schäden zu vermeiden. In den meisten Fällen kann eine operative Rekonstruktion des Kreuzbandes gute Ergebnisse erzielen, und durch eine umfassende Rehabilitation kann das Knie wieder stabilisiert werden.
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Typische Ursachen sind plötzliche Richtungswechsel, abruptes Abbremsen, unkontrolliertes Landen nach einem Sprung oder direkte Krafteinwirkung – häufig bei Sportarten wie Fußball, Skifahren oder Handball.
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Nach einer Operation dauert die vollständige Rehabilitation in der Regel 6–9 Monate. Bei konservativer Therapie variiert der Zeitraum je nach Stabilität und Trainingszustand.
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In den meisten Fällen ja – nach erfolgreicher Therapie und strukturierter Reha ist eine Rückkehr in den Sport möglich, abhängig von Belastung, Sportart und individueller Heilung.